Das Baummännlein
wohnte in einem Baum, der im Wald in der Nähe vom Lauskopf stand. Es hatte grüne lange verfilzte Haare, die noch nie gewaschen oder gebürstet wurden. Niemand hatte dieses Männlein gesehen, die Leute erzählten allerhand unglaubliche Geschichten von diesem Männlein. Ein Bub und ein Mädchen wollten unbedingt das Baummännlein kennenlernen.
An einem wunderschönen sonnigen Morgen machten sich die Kinder auf den Weg zum Lauskopf. Sie hatten ihren Rucksack gepackt, verabschiedeten sich von den Eltern und marschierten voller Abenteuerlust auf den Berg.
Als sie in den dichten Wald kamen bemerkten sie, dass es ungewöhnlich leise war. Kein Vogelgezwitscher war zu hören und kein Lüftchen bewegte sich. Plötzlich blieb der Bub stehen und zeigte seiner Schwester einen Baum, der ganz komisch gewachsen war. Der Baum hatte ein riesengroßes Loch im Stamm. Die Kinder kamen näher und sahen in das Loch hinein. Das Loch führte in das Innere des Baumes. Plötzlich stieg aus dem Loch ein Männlein heraus, das genauso aussah, wie die Leute im Dorf das Männlein beschrieben hatten. Zuerst erschraken die Kinder und das Männlein war auch überrascht, die Kinder zu sehen.
Plötzlich begann das Männlein zu erzählen und die Kinder hörten gespannt die Geschichte. Als das Männlein die Kinder einlud mit ihm in den Baum hinabzusteigen, wollten die Kinder umdrehen und nach Hause laufen, weil es ihnen zu unheimlich wurde. Doch wie verhext konnten sie nicht weglaufen. Das Männlein kicherte und mit einem Spruch, der ging so:
„Mine mine max, macht keine Fax, ob groß ob klein, ihr geht mit mir in den Baum hinein.“
Die Kinder fanden sich mit dem Männlein im Inneren des Baumes wieder. Sie waren jetzt auch so klein wie das Baummännlein. Die Kinder hatten keine Angst mehr. Nun konnten sie sehen wie es im Inneren eines Baumes aussah. Da war ein Pumpen und Lärmen zu hören. Der riesige Baum wurde mit Wasser versorgt. Viele Wurzelhaare nahmen das Wasser vom Boden auf und leiteten es den Baumstamm hinauf. Bis zu den Ästen und Zweigen musste das Wasser hin, damit auch die Blätter versorgt wurden.
Was hatte das Baummännlein für eine Aufgabe?
Seine Aufgabe war, dafür Sorge zu tragen, dass der Baum immer genug Wasser hatte. Wenn es viel regnete, war dies für das Baummännlein eine Erholung. Da konnte es sich ausruhen oder mal nachschauen, was es draußen Neues gab.
Doch wenn es trocken war, musste das Baummännlein selbst bis zu den Wurzeln hinunter und mit einem eigenartigen Gerät, das aussah wie ein langer dicker Strohhalm mit Pumpe, das Wasser aufsaugen und nach oben blasen. Es zeigte dies den Kindern und gab ihnen auch so ein komisches Gerät zum Wasserpumpen, denn es hatte schon lange nicht mehr geregnet. Die Kinder halfen gerne, den Baum mit Wasser zu versorgen. Das Baummännlein war begeistert von den Kindern und wollte sie immer bei sich haben. Doch dies wollten die Kinder nicht und baten das Baummännlein sie wieder nach draußen zu lassen. Das Baummännlein willigte ein und mit folgendem Spruch wurden sie hinausbefördert.
„Mine, mine max,
macht keine Fax, ri ra rum dreht euch mal um, eins zwei drei ihr seid frei!“
Ganz schwindelig war es den Kindern, als sie wieder aus dem Baum heraus kamen. Sie wollten sich beim Baummännlein verabschieden, aber dieses war für immer verschwunden. Neben den Kindern stand auf dem Waldboden ein Korb voll mit Kastanien. Das waren die Früchte vom Baum. Das Baummännlein hatte den Korb für die Kinder hingestellt, weil sie so fleißig beim Wasserpumpen waren. Die Kinder machten sich schnell auf den Weg nach Hause. Die Eltern erwarteten sie schon sehnsüchtig. Voller Freude überreichten die Kinder den Eltern den Korb mit Kastanien und berichteten von ihrem Abenteuer mit dem Baummännlein.
Das Baummännlein wurde jedoch niemals wieder gesehen.
Roswitha Faist
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